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Wurmloch (21467 views - Astronomy & Space )

Wurmlöcher sind theoretische Gebilde, die sich aus speziellen Lösungen (Kruskal-Lösungen) der Feldgleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie ergeben. Erstmals wurden sie im Jahre 1935 von Albert Einstein und Nathan Rosen beschrieben und deshalb ursprünglich Einstein-Rosen-Brücke genannt. Der Begriff wurde 1957 von John Archibald Wheeler geprägt. Der Name Wurmloch stammt von der Analogie mit einem Wurm, der sich durch einen Apfel hindurchfrisst. Er verbindet damit zwei Seiten desselben Raumes (der Oberfläche) durch einen Tunnel. Das beschreibt anschaulich die besondere Eigenschaft der Kruskal-Lösungen, da diese zwei Orte im Universum miteinander verbinden.
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Wurmloch

Wurmloch

Wurmloch

Wurmlöcher sind theoretische Gebilde, die sich aus speziellen Lösungen (Kruskal-Lösungen) der Feldgleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie ergeben. Erstmals wurden sie im Jahre 1935 von Albert Einstein und Nathan Rosen beschrieben und deshalb ursprünglich Einstein-Rosen-Brücke genannt.

Der Begriff wurde 1957 von John Archibald Wheeler geprägt.[1][2] Der Name Wurmloch stammt von der Analogie mit einem Wurm, der sich durch einen Apfel hindurchfrisst. Er verbindet damit zwei Seiten desselben Raumes (der Oberfläche) durch einen Tunnel. Das beschreibt anschaulich die besondere Eigenschaft der Kruskal-Lösungen, da diese zwei Orte im Universum miteinander verbinden.

Theoretische Grundlage

Die allgemeine Relativitätstheorie erweitert den anschaulichen euklidischen Raum der Alltagserfahrung zum allgemeineren Gebilde der Raumzeit. Mathematisch gesehen ist die Raumzeit eine vierdimensionale, pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeit. Jegliche Form von Energie, wie etwa Masse, Licht oder elektrische Ladung, ruft Veränderungen der geometrischen Eigenschaften der Raumzeit hervor, die wiederum selbst einen Einfluss auf die Bewegung der im Gebiet befindlichen Objekte haben. Dieser Einfluss ist die Gravitation und man spricht dabei allgemein von einer Krümmung der Raumzeit. An dieser Stelle sei angemerkt, dass es ein häufiger Fehler ist, wenn nur von einer Krümmung des Raumes gesprochen wird, da auch die Zeit verzerrt wird, wodurch Effekte wie die gravitative Zeitdilatation auftreten.

Das Gravitationsfeld einer spezifischen Energieverteilung ist eine Lösung der Einsteingleichungen. Die bekannteste und einfachste ist die Schwarzschild-Lösung, die das Gravitationsfeld einer homogenen, nicht geladenen und nicht rotierenden Kugel beschreibt. Damit beschreibt sie in guter Näherung auch das Gravitationsfeld der Erde oder eines Sterns im Außenraum. Fällt ein Stern hingegen zu einem Schwarzen Loch zusammen, genügen die Schwarzschild-Koordinaten nicht, um das ganze Gebilde zu beschreiben. Am Ereignishorizont des Objekts findet sich eine Koordinatensingularität, über die die Schwarzschild-Koordinaten nicht hinausreichen. Es handelt sich nicht um eine physikalische Singularität, da sie sich durch Wahl neuer Koordinaten beheben lässt. Das geschieht mithilfe der Kruskal-Szekeres-Koordinaten, die auch die Raumzeit im Innern des Ereignishorizontes beschreiben. Es zeigt sich, dass es neben dem Außen- und Innenraum des schwarzen Loches noch dazu äquivalente, gespiegelte Räume gibt. Somit zeichnet sich ein möglicher Übergang zu einem Weißen Loch ab, aus dem Materie zwar austreten, aber nicht eindringen kann.

Die Verbindung zwischen den beiden Gravitationsanomalien wird als Einstein-Rosen-Brücke und das gesamte Objekt als Wurmloch bezeichnet, speziell bei Verbindung eines Schwarzen Lochs und eines Weißen Lochs als Schwarzschild-Wurmloch, das nur in eine Richtung durchquerbar ist. Prinzipiell ist es denkbar, dass Wurmlöcher zwei Orte derselben Raumzeit oder zwei unterschiedliche Raumzeiten eines Multiversums miteinander verbinden.

Modelle

Es gibt bislang keine experimentellen Beweise für Wurmlöcher. Wheeler und Fuller zeigten 1962 aber, dass Wurmlöcher in der allgemeinen Relativitätstheorie instabil sind.[3] Einige Wissenschaftler wie Kip Thorne[4] kommen zu dem Ergebnis, dass eine Instabilität der Wurmlochverbindung nur durch sogenannte exotische Materie verhindert werden könne. Er konstruierte unter der Annahme von deren Existenz Modelle in beiden Richtungen durchquerbarer Wurmlöcher (Morris-Thorne-Wurmloch 1988).

Stephen Hawking schließt nicht völlig aus, dass es durch hineinfallende Teilchen normaler Materie trotzdem zu einem schnellen Zusammenbrechen des Wurmloches kommen könnte. In seinem Buch Das Universum in der Nussschale stellt Hawking zahlreiche Überlegungen dazu an, welche praktischen Auswirkungen nutzbare Wurmlöcher zur Folge hätten.

Die exotische Materie hat die Eigenschaft, in einem bestimmten Raumgebiet (dort, wo das Wurmloch sein soll) antigravitativ zu wirken (genauer, es hat eine negative mittlere Energiedichte). Bisher ist keine Möglichkeit bekannt, wie man exotische Materie herstellen, geschweige denn, wie man damit Wurmlöcher bauen kann. Einige Schätzungen gehen davon aus, dass man für ein Wurmloch mit einem Meter Durchmesser exotische Materie äquivalent einer Jupitermasse brauchen würde. Eventuell sind nur mikroskopische Wurmlöcher (das heißt von der Größe weniger Atomradien) möglich, wenn exotische Materie beziehungsweise negative Energiedichten im Spiel sind. Matt Visser von der Universität von Victoria (Wellington) geht jedoch davon aus, dass auch sehr kleine Mengen exotischer Materie zur Erzeugung von Wurmlöchern ausreichen.[5] Visser spekulierte auch darüber, dass Varianten von kosmischen Strings Wurmlöcher in der Frühzeit des Universums erzeugt haben könnten, die heute über den Gravitationslinseneffekt beobachtbar wären.[6]

Theoretisch wäre es möglich, aus einem passierbaren Wurmloch eine Zeitmaschine zu machen,[7] indem ein Ende auf relativistische Geschwindigkeiten beschleunigt wird, ähnlich wie im Zwillingsparadoxon. Die Diskussion darum, welche Schutzmechanismen (eventuell unter Einbeziehung der Quantentheorie) dies hier und in anderen Fällen[8] verhindern (Chronology Protection Hypothesis), wird zum Beispiel in dem Buch von Kip Thorne Black holes and time warps geschildert.[9][10]

Ping Gao, Daniel Louis Jafferis und Aron C. Wall[11][12] fanden 2016 eine neue Art prinzipiell durchquerbarer Wurmlöcher, die ohne exotische Materie negativer Energiedichte auskommt. Sie bauten dabei auf die ER-EPR-Vermutung von Juan Maldacena und Leonard Susskind auf, die die Äquivalenz von (speziellen) Wurmlöchern und Paaren quantenverschränkter Teilchen (EPR-Paare) postuliert und von diesen für die Lösung des Informationsparadoxons Schwarzer Löcher[13] und dessen Verschärfung im Feuerwall-Paradoxon von Joseph Polchinski benutzt wurde (und außerdem sahen die Urheber darin ein neues Bild der Quantengravitation bzw. einer stabilen quantisierten Raumzeit, deren Existenz letztlich der Quantenverschränkung zu verdanken ist). Dao, Jafferis und Wall fanden, dass ihr Szenario mathematisch äquivalent zu einer Beschreibung der Quantenteleportation ist, die damit ebenfalls neu interpretiert wurde.[14] Die im Schwarzen Loch verschwundene Information taucht am zweiten Schwarzen Loch, das über das Wurmloch mit dem ersten kausal verbunden ist, wieder auf (beide sind quantenverschränkt und die Information ist somit nicht verschwunden). Es kommt aber nicht zu einem Aufschaukeln der Verschränkungen wie im Feuerwall-Paradoxon, da die Information im zweiten Loch erst über die übliche Raumzeit zum ersten zurückgelangen muss. Das Feuerwall-Paradoxon, das darauf beruht, dass nur jeweils zwei Teilchen nach der Quantenmechanik verschränkt sein können, im Fall der Schwarzen Löcher dies aber viele Teilchen in der Hawking-Strahlung sind, war zuvor von Polchinski als Argument gegen die Existenz eines Inneren von Schwarzen Löchen benutzt worden. Wie bei der Quantenteleportation kann es über die Wurmlöcher auch zu keinen Zeitreisen kommen. Die neue Interpretation ist auch ein Argument für die Idee der Komplementarität von Innen- und Außenbereich Schwarzer Löcher (Black Hole Complementarity), einer von Leonard Susskind und Gerard ’t Hooft vorgeschlagenen Lösung des Informationsparadoxons Schwarzer Löcher.

Science-Fiction

Science-Fiction, die sich im Rahmen der Wissenschaft bewegen will, nutzt gerne Wurmlöcher, um Reisen im Weltraum zu beschleunigen. Die Serie Deep Space Nine aus der Star-Trek-Reihe beispielsweise handelt von einer abgelegenen Raumstation, die durch ein in der Nähe entdecktes Wurmloch große strategische und wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Allerdings ist dieses Wurmloch kein Wurmloch im eigentlichen Sinne, sondern eine künstlich erzeugte Passage. Auch die mehrere Jahre laufende Serie Stargate bedient sich dieser Technologie. In dem Kinofilm Donnie Darko wird dagegen die Existenz eines Wurmlochs als Ausgangspunkt für eine paradoxe und vieldeutige Geschichte um Zeitreisen, Schicksal und Metaphysik verwendet. Auch hier ist der Rahmen der Geschichte aber nur scheinbar wissenschaftlicher Natur und wird mit zahlreichen Elementen der Fantasy aufbereitet. Des Weiteren kommt im Film Déjà Vu – Wettlauf gegen die Zeit eine Maschine vor, die mittels Wurmlöchern in die Vergangenheit sehen, geringe Mengen Materie in die Vergangenheit schleusen und die Vergangenheit sogar verändern kann. In dem Film Contact wird ein künstlich hergestelltes Wurmloch dazu verwendet, um mit einer anderen Zivilisation Kontakt aufzunehmen. In der Serie Sliders ist es möglich, per Wurmloch in Parallelwelten zu reisen. In der Comicverfilmung Thor reisen die Götter zu verbundenen Planeten ebenfalls durch ein Wurmloch. In dem Film The One reist die Hauptfigur durch Wurmlöcher, um seine Doppelgänger aus allen anderen Universen zu töten. Eine weitere Referenz zu Wurmlöchern ist Hauptbestandteil des Spielprinzips von Portal, in dem der Spieler mittels eines Geräts durch zwei Portale wurmlochähnliche Durchgänge kreiert, um Hindernisse zu umgehen und Rätsel zu lösen. Im dritten Teil der Crysis-Trilogie wird ebenfalls auf die Theorie von Wurmlöchern zurückgegriffen.

Diese Darstellung von Wurmlöchern in der Science-Fiction hat allerdings wenig mit der oben beschriebenen Theorie gemein. So wird zum Beispiel das Wurmloch häufig als ein zweidimensionales „Loch“ dargestellt, in das Personen ein- und austreten. Laut der Theorie der Wurmlöcher ist die Öffnung eines Wurmlochs allerdings kugelförmig. Auch ignorieren die meisten Science-Fiction-Autoren die von der Theorie vorhergesagten enormen Gezeitenkräfte. Aus wissenschaftlicher Sicht sind solche Fantasien daher unrealistisch. Darstellungen von Wurmlöchern, die eher dem aktuellen Kenntnisstand entsprechen, findet man in Das Licht ferner Tage von Stephen Baxter und Arthur C. Clarke sowie – sehr detailliert – sowohl in den Büchern Diaspora von Greg Egan und Contact von Carl Sagan als auch in dem Weltenbau-Internetprojekt Orion’s Arm.

Der 2014 erschienene Science-Fiction-Film Interstellar, der unter Beratung des Wissenschaftlers Kip Thorne entstanden ist, bedient sich ebenfalls der Thematik der Wurmlöcher. In diesem Film wird das Wurmloch, wie es die Theorien beschreiben, als kugelförmiges Gebilde dargestellt.

  • Stephen Hawking: Das Universum in der Nussschale. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2004, ISBN 3-423-34089-4.
  • Rüdiger Vaas: Tunnel durch Raum und Zeit. 7. Auflage. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2015, ISBN 3-440-13431-8.
  • Kip Thorne: Gekrümmter Raum und verbogene Zeit. Droemer Knaur, München 1996, ISBN 3-426-77240-X.
  • Matt Visser: Lorentzian Wormholes: From Einstein to Hawking. Springer, New York/Berlin/Heidelberg 1996, ISBN 1-56396-653-0.
  • Sunny Kalara u. a.: Blackholes, membranes, wormholes and superstrings. International Symposium on Black Holes, Membranes, Wormholes and Superstrings, Houston Advanced Research Center, USA, 16.–18. Januar 1992. World Scientific, Singapur 1993, ISBN 981-02-1151-1.
  • Paul Halpern: Löcher im All. Modelle für Reisen durch Zeit und Raum. Rowohlt, Reinbek 1997, ISBN 3-499-60356-X.
  • Jim Al-Khalili: Schwarze Löcher, Wurmlöcher und Zeitmaschinen. Spektrum Akad. Verl., Heidelberg/Berlin 2001, ISBN 3-8274-1018-5.
  • Paul Davies: Wormholes and Time Machines. In: Sky & Telescope. Band 83, Januar 1992, S. 20–23.
  • Michael Morris, Kip Thorne: Wormholes in space-time and their use for interstellar travel: A tool for teaching general relativity. In: Am. J. Phys. Band 56, Nr. 5, Mai 1988, S. 395–412 (PDF; 1,8 MB (Memento vom 1. Juli 2011 im Internet Archive) [abgerufen am 11. November 2014]).
  • Stephen Hawking: Wormholes in spacetime. In: Physical Review D. Band 37, Nr. 4, 1988, S. 904–910 (Abstract).
 Wiktionary: Wurmloch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. wormhole. Bei: daviddarling.info.
  2. Charles W. Misner, John A. Wheeler: Classical physics as geometry. Annals of Physics, 2, Issue 6, S. 525–603, 12/1957, bibcode:1957AnPhy...2..525M.
  3. Robert A. Fuller, John Archibald Wheeler: Causality and Multiply-Connected Space-Time. Physical Review, Band 128, 1962, 919.
  4. Michael Morris, Kip Thorne, Ulvi Yurtsever: Wormholes, time machines and the weak energy condition. Phys. Rev. Lett., 61, 1988, 1446–1449, PDF.
  5. Matt Visser: Traversable worm holes: some simple examples. Phys. Rev. D, 39, 1989, S. 3182–3184, Arxiv.
  6. John G. Cramer, R. Forward, M. Morris, M. Visser, G. Benford, G. Landis: Natural wormholes as gravitational lenses. Phys. Rev. D 51, 1995, 3117–3120, arxiv:astro-ph/9409051.
  7. Darauf wurde schon in Morris, Thorne, Yurtsever, loc. cit. 1988, hingewiesen.
  8. Zuerst konstruierte Kurt Gödel kosmologische Lösungen der allgemeinen Relativitätstheorie mit geschlossenen zeitartigen Kurven (Zeitreisen).
  9. Thorne: Black holes and time warps. Norton, 1994.
  10. Matt Visser: The quantum physics of chronology protection. In: Gibbons u. a.: The future of theoretical physics and cosmology. Cambridge University Press, 2003 (Hawking-Festschrift), arxiv:gr-qc/0204022.
  11. Ping Dao, Daniel Jafferis, Aron Wall: Traversable Wormholes via a Double Trace Deformation. Arxiv 2016.
  12. Natalie Wolchover: Newfound Wormhole Allows Information to Escape Black Holes. Quanta Magazine, 23. Oktober 2017.
  13. Juan Maldacena, Douglas Stanford, Zhenbin Yang: Diving into transversable wormholes. Arxiv 2017.
  14. Susskind, Ying Zhao: Teleportation through the wormhole. Arxiv 2017.


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